Wie ich hier schon erzählt habe, gab es während des Skiurlaubs 2024 im Januar einen schwachen Moment. Nämlich jenen, als ich mich alkoholinduziert überreden ließ, mich für den Wien Marathon 2024 anzumelden. Also zumindest für den halben. Das tat ich wohl und vergaß dann für einige Zeit wieder auf das herannahende sportliche Großereignis in der Hauptstadt. Beim Wien Marathon 2024 sollten also über 42.000 Laufende an den Start gehen. Und ich eine davon sein.
März ist zu spät
Die Laufsaison in diesem Jahr gestaltete ich gänzlich anders als im letzten Jahr. Denn da gab es ein sehr starkes Quartal mit mehr als 130 gelaufenen Kilometern pro Monat, dafür aber einen großen Knick im Mai und Juni. Das ist einerseits für die Motivation ein Killer, denn wieder einzusteigen, nachdem sich einmal der Schlendrian eingestellt hat, ist immer schwer. Und andererseits sollte Sport ja das ganze Jahr über gleichmäßig gemacht werden. Was bringen drei Übertreibungsmonate, wenn man dann einen Monat nur 1.000 Schritte am Tag zusammenkratzen kann? Dieses Jahr ist also der Plan, jedes Monat einfach gemütliche 100 Kilometer zu machen. Das ist fürs Abnehmen besser, fürs Herz und die Gelenke auch und nachhaltiger.
Wenn man sich allerdings für einen Halbmarathon anmeldet und dann auch noch große Zeitziele hat, sollte man sich aber schon etwas eingehender mit der Materie befassen. Was ich natürlich nicht tat. Die Distanz an sich war ich schließlich schon mehrmals zum Spaß gelaufen. Das und ein bisschen Wettkampfadrenalin würden schon für eine Zeit unter 2 Studen reichen. Dachte ich. Im März wurde ich dann doch etwas nervös und wollte ein bisschen zielgerichteter trainieren. Mein Cousin, Sportler, Coach, Triatleth, Rennmaschine, meinte zu Ostern allerdings, es sei für sinnvolle Vorbereitung ohnehin zu spät. Ich solle einfach weiter mein Pensum laufen und noch ein bis zwei längere Läufe integrieren. Das tat ich dann auch.
Know your feet
Bei den längeren Läufen hatte ich jene Schuhe an, die ich auch beim Halbmarathon tragen wollte. So konnte ich gut die Schwachstellen herausfinden. Am Tag X (gestern) wusste ich daher, welche Stellen unbedingt mit Tape versehen werden müssen. Ansonsten war die Vorbereitung wenig spektakulär. Erwähnenswert in dieser Hinsicht sind vielleicht nur die Hagelschauer, in die wir am Samstag beim Abholen unserer Startnummern ständig gerieten. Und auch die geile Pasta, die wir uns am Abend dann noch einverleibten. Kohlenhydratspeicher füllen und so. Dass das nach drei Wochen recht proteinhaltiger Ernährung nicht ganz so gut laufen würde, hatte ich nicht geahnt. Um uns allen die schmutzigen Details zu sparen: Magen-Darm und so.
Wien Marathon 2024: Mega Event
Die Stimmung am Marathontag war ebenso gut wie das Wetter. Der Startschuss für meinen Block fiel um 9:20. Obwohl mir der beste Mensch von allen (der aber als Startstaffelläufer unterwegs war) viele gute Hinweise und Anweisungen gegeben hatte, lief das Rennen eigentlich nicht optimal. Einerseits drückte ich viel zu früh auf meine Uhr und trabte sicher schon 500 Meter dahin, bevor unser Startblock endlich die offizielle Startschwelle passierte. Das macht natürlich auf die restliche Strecke etwas mit dem Hirn. Gerade dann auf den letzten Kilometern oder wenn du auf die nächste Versorgungsstation zuläufst, ist das mühsam.
Ich war viel zu warm angezogen. Die lange Hose war okay, aber es hätte nicht ein langärmeliges T-Shirt, ein kurzärmeliges T-Shirt UND eine Weste gebraucht. Auch, wenn die Temperaturen nur so bei ca. 12 Grad lagen. In der Hitze des Gefechts wurde es richtig warm. Den Anfang kann man gut für negative Splits nutzen, weil es ohnehin ein Slalomlaufen ist. Ein bisschen weiter vorne im Startblock zu stehen, wäre eventuell eine gute Idee gewesen. Ab Kilometer 8 hatte ich im rechten Fußgewölbe innen eine Blase. Trotz Tape. Nächstes Mal muss es daher fix ein anderes Schuhmodell werden. Meine Playlist war gut und die Stimmung war super. Motivationstechnisch ein richtiges Tief hatte ich dennoch zwischen Kilometer 12 und 15. Da ist zwar die Hälfte geschafft, aber man läuft das fade, leicht bergauf führende Stück am Ende des Naschmarkts, vor Schönbrunn. Da sind wenig bis gar keine Zuschauer, die Sonne knallte am Sonntag runter ohne Ende und die Blase am Fuß meldete sich einfach wirklich schon recht deutlich.
Motivationsschub durchs Publikum
Den entscheidenden Schub, der mich daran hinderte, einfach stehen zu bleiben, kam dann tatsächlich vom Publikum. Meine Eltern und meine Tante waren extra angereist und feuerten bei Kilometer 16 die Menge an. Ich entdeckte sie am Straßenrand, klatschte ab und hatte wieder etwas mehr Willen, weiter zu laufen. Zwischen 18 und 21 ist’s dann nochmal ein bisschen zach, da hätte mir gefühlt noch eine Wasserstation gefehlt. Vielleicht also beim nächsten Mal mit Hydration Pack laufen? Als schließlich klar wurde, dass ich meine Zielzeit von sub 2 Stunden nicht erreichen würde, ging ich die letzten Kilometer dann etwas gemütlicher an und gönnte mir sogar Powerade im Gehen.
Sobald dann die Kurve beim Café Bellaria genommen ist, fliegt man gefühlt eh nur noch so dahin, obwohl man gleichzeitig merkt, wie lang ein Kilometer eigentlich ist. Doch das Gefühl im Ziel ist dann dafür umso toller. Auch, wenn ich letztlich 2:06:07 für die 21,1 km gebraucht habe. Einerseits war ich schon stolz, weil ich bei 15 aufgeben wollte und trotz extrem schmerzhafter Blase weiter gelaufen bin. Andererseits auch ein wenig traurig, weil für ein insgesamt 6 Minuten schnelleres Rennen halt schon gezieltes (und vielleicht mehr?) Training notwendig ist.